Montag, 3. November 2014

Voll gut


                          Nein zur Kitschgesellschaft
Ja, das ist nicht unangebracht, was Herr Grau im Cicero geschrieben hat. Von Vorteil, wenn ich mich nicht aufregen muss dazu. Selbst bei meinen Kindern habe ich da mal halt gesagt, in der Tat. Verbal wie das soc. kindchenschema der Werbung, die Kitschgesellschaft.
Nein sagen oder der versteckte Vergewaltigungswahn mancher Frauenwelt: iiigitt, neeeiiin? Tu´s niiicht.







KREATIVITÄT
Eigenschaft der Blender und Einfallslosen

Früher war Marmorkuchen lecker. Heute müssen es Cupcakes sein



Kolumne: Stilfrage. Heutzutage müssen alle furchtbar „kreativ" sein. Im Job, in der Freizeit – überall. Leute, es nervt! Entgegnet unser Stilkolumnist. Nicht jedes Kuchenrezept muss kreativ sein, lecker reicht vollkommen aus. Ein Plädoyer gegen den Kreativitätswahn

Sind Sie eigentlich auch kreativ? Am Ende sogar „voll kreativ"? Na dann: Herzlichen Glückwunsch! Vielleicht sind Sie es ja wirklich, und dann ist dagegen auch gar nichts zu sagen. Kreativität, also die Fähigkeit, Neues, Originelles, Interessantes oder bisher Ungedachtes zu erschaffen, ist ja eine wunderbare Eigenschaft.

Allerdings ist „Kreativität" in den letzten Jahrzehnten zu einer Schlüsselkompetenz mutiert. Jeder möchte kreativ sein. Schlimmer noch: Jeder fühlt sich „kreativ" Und jeder möchte „etwas Kreatives" machen, im Beruf oder in der Freizeit – weil es so unglaublich wichtig ist, „kreativ zu sein."

War Kreativität in früheren Zeiten eine vielleicht ganz nette, aber keinesfalls qualifizierende oder gar Sinn gebende Eigenschaft, so ist sie in den letzten Jahrzehnten – den Begriff gibt es seit den 50er Jahren – zum Fetisch des postmodernen Menschen mutiert. Sie ist Glücksversprechen, Selbstverwirklichungsvehikel und Erfolgsgarant.

Ursprünglich eine Eigenschaft der Begabten und Begnadeten, ist Kreativität zu einem Massenphänomen geworden, zu einem Ideal für Jedermann, das sich an überfüllten Kunstakademien und Schauspielschulen, in Designstudiengängen, in Töpfer- und Malkursen austobt.

Man hat mitunter den Eindruck, dass man heutzutage sein Leben verfehlt, wenn man nicht irgendwie etwas Kreatives macht. Umgekehrt erlangt man den Gipfel gesellschaftlicher Reputation, wenn man in einer „Kreativbranche" arbeitet – auch wenn das nur bedeutet, dass man in irgendeiner Werbeklitsche noch mehr Werbemüll produziert.

Da aber unmöglich jeder einen Beruf ausüben kann, der das Attribut „kreativ" verdient, verleiht man es munter allen möglichen Jobs und Tätigkeiten. Und im Zweifelsfall bietet das Unternehmen zumindest eine „kreative Arbeitsatmosphäre" – was immer das heißen soll.

Da ist es kein Wunder, dass sich natürlich auch die Führungskräfte der Wirtschaft vor allem als „kreativ" darstellen – wie das Netzwerk LinkedIn anhand jährlich durchgeführter Auswertungen der Benutzerprofile herausgefunden hat – und damit zeigen, wie beschränkt und unoriginell sie tatsächlich sind.

Modern, dynamisch und unkonventionell
 
„Kreativität" ist die Eigenschaft der Blender und der Einfallslosen. Ihre Beliebtheit gründet vor allem darin, dass niemand so genau sagen kann, was darunter eigentlich zu verstehen ist. Hauptsache, es klingt irgendwie modern, dynamisch und unkonventionell.

Dementsprechend wird „Kreativität" im modernen Zeitgeistdeutsch losgelöst von jeder halbwegs erkennbaren Fertigkeit verwendet. Man fühlt sich einfach irgendwie „kreativ", ohne genau zu wissen, in welcher Hinsicht. Und während die einen im Job jede noch so läppische Idee als „kreativ" verkaufen, besuchen die anderen Aquarell-, Töpfer- oder Ausdruckstanzkurse, um herauszufinden, wo sie denn nun ist, die Kreativität.

Sollte diese Suche komplett erfolglos verlaufen, bucht man einfach einen Kreativ-Workshop oder gleich eine Kreativ-Reise. Vielleicht steckt die Kreativität ja auf den Malediven, wer weiß. Darauf, dass er genauso einfallslos sein könnte wie die meisten anderen Menschen – und dass das auch gar nicht weiter schlimm ist –, darauf kommt der moderne Kreativitätsnarzisst natürlich nicht.

Wie tief verankert der Kreativitätswahn in unserer Gesellschaft ist, zeigt sich auch in dem immergleichen Themeneinerlei der schönen, bunten Blätterwelt: „Kreative Ideen zum Selberbasteln" findet man dort, „kreative Wohnideen" und „kreative Ideen für den Garten" bzw. „für das Kinderzimmer", „für die Küche", „für den Flur".

So richtig kulminiert der alltägliche Kreativitätswahnsinn allerdings, je näher das Weihnachtsfest rückt. Dann drohen sie wieder, „die kreativsten Ideen für den Festtagstisch", die „kreativen Geschenkideen" und „die kreativsten Plätzchenrezepte". Es ist zum Davonlaufen! Geht es nicht eine Nummer kleiner? Muss jedes Rezept, jede Koch-, Näh- oder Dekorationsanleitung gleich „kreativ" sein?

Dass dieser Irrsinn einmal ein Ende haben könnte, muss allerdings bezweifelt werden. Denn er ist das Kind zweier Grundmotive der Moderne: Selbstverwirklichung und Pluralismus. Mit anderen Worten: Jeder darf alles, nach seinem Gusto, seinen Möglichkeiten und Vorlieben. Und wehe, irgendjemand findet die Ergebnisse dieser kreativen Selbstverwirklichung nicht ganz toll. Dann ist das ein Zeugnis von Intoleranz und Engstirnigkeit. Oder sogar von – auweia – Kulturkonservativismus.

Um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen: Nichts gegen Selbstverwirklichung und Pluralismus. Und selbstverständlich darf und soll Selbstverwirklichung auch mit Dilettantentum einhergehen. Das war nämlich mal etwas Positives: Liebhaberei – ganz frei übersetzt.

Aber die reicht dem sich selbst verwirklichenden Ego der Gegenwart nicht aus. Selbstverliebt umrankt es sich mit der romantischen Idee des Originalgenies, das irgendeine diffuse Kraft namens „Kreativität" in sich spürt.

Kommt doch einfach mal alle runter! Nicht jedes Kuchenrezept muss kreativ sein, lecker reicht vollkommen aus. Und auch der Wirtschaft täte etwas weniger heiße Luft ganz gut. Nicht jedes Projekt, nicht jede Unternehmensstrategie, nicht jedes neue Produkt muss kreativ oder innovativ sein. Das ist im Übrigen auch gar nicht möglich. Wie wäre es denn hingegen mal mit solide und seriös? Das klingt zwar nicht halb so cool, hätte aber trotzdem was.

VON ALEXANDER GRAU 25. OKTOBER 2014



Bilder myself


    

                Und hinzu mit einem leserbeitrag dort bei Cicero:


Es ist schlimm geworden mit dem Dummdeutsch. Allüberall im Bildungszwergenland werden Worthülsen produziert, mit deren Hilfe man zu jedem Thema trefflich parlieren kann. Das wäre ja noch einigermaßen auszuhalten, wenn nicht im gleichen Atemzug Superlative -auch solche, die gar nicht existieren- bemüht werden. Alles, aber auch wirklich Alles ist GENIAL, VOLL TOTAL irgendwas, besitzt SCHNITTMENGEN, oder zumindest eine SOLLBRUCHSTELLE.

Dazu höre ich täglich, daß die unterschiedlichsten Dinge GANZ GANZ SPANNEND sind: eine Flasche Wein (sic!), ein beliebiger Pop-Titel, ein verwackeltes Foto, das Wochenendwetter, ein Suppenrezept, ein Konzert für Blockflöte und Pauke usw.

Es ist insbesondere dann zum Davonlaufen, wenn sogenannte Journalisten ständig einen SCHRITT IN DIE RICHTIGE RICHTUNG zu gehen beabsichtigen, aber eben nur EIN STÜCK WEIT, um dann AUF AUGENHÖHE zu diskutieren. Von Windungen und Verrenkungen aus Gründer der PC ("nicht ganz so helle MItmenschen") will ich gar nicht reden.

In einem Sportbericht schwafelte der Moderator sogar vom MITGEGNER. Man fragt sich, was dies für eine Gesellschaft ist, in der Viele nicht in der Lage sind, einigermaßen ohne Wortschablonen zu reden

Na also, finden Sie das nicht aus, dass das zu lange schon so ist? Ja ist das deine Meinung, haben Frauen zu gerne gefragt oder auch mal immer gesagt, schick und dreist oder auch wie nicht auch und sogar Frau Kelle schreibt dass etwas doch auch doll ist, ganz schön doll ist das. Sind das die Jahre mit Baby Doll? Die Psychologie kennt ja den Cinderella-Komplex, den Ehe-Komplex und anderes und zumeist dreht es ja um Frauen und ihre Selbstfindung nach kaputter Ehe oder Ehen und natürlich mit Liebhaberwünschen. Deshalb halte ich auch nichts von der Männerbewegung Thiel, Berlin! (s. veröffentlichte Zuschriften).
 



Sollen sie doch abheben, denn über den Wolken, ist die Freiheit da nicht grenzenlos?


Natürlich, so kann es längst nicht mehr weitergehen

mit diesen zahlreichen Erniedrigungen. Da könnte mancher zum Clown werden.

Bilder und Kunst by J.Scheitl


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